An dieser Pflanze geht man so schnell nicht vorbei: Das Salomonssiegel (Polygonatum odoratum) fällt durch seine etwas skurril anmutenden Blätter auf. Es erinnert
mich immer an einen Tänzer, der auf einem Bein steht und seine Arme flügelartig ausbreitet. Unterseits der Blätter hängen zur Blütezeit im Mai und Juni kleine, schmale, weiße Blüten, die schwach
duften. Auch das Salomonssiegel ist ein Geophyt, dessen Sprossachse unterirdisch wächst und Rhizom genannt wird (zu Erklärung: Die Sprossachse ist das, was beim Baum der Stamm ist). Daher sieht
man oberirdisch nur die Blätter und Blüten. Nach seiner Blütezeit verschwindet es wieder vollständig in der Erde - bis zum nächsten Jahr. Es wächst gerne dort, wo es warm ist, aber trotzdem etwas
schattig, also in Gebüschsäumen oder in lichten Wäldern. Das Salomonssiegel gehört zu den Spargelgewächsen (Asparagaceae).
Der Name "Salomonssiegel" mag etwas merkwürdig klingen. Er bezieht sich auf die Leitbündel im Blattstängel (da, wo Wasser und Nährstoffe durch fließen), die in Form
eines Sechssterns oder Hexagramms angeordnet sind. Das Hexagramm galt früher als dämonenabwehrendes Symbol und Salomon, König von Israel im 10. Jahrhundert, als das Ideal eines gütigen
Herrschers. Das Salomonssiegel, bzw. sein Rhizom, wurden als Schutzamulette getragen. Es gilt wie der Beinwell als Pflanze des Saturn, was seine frühere Verwendung als magischer
Schutz ebenfalls erklärt.
Das Salomonssiegel ist in allen Teilen giftig. Wie seine Schwester, die Vielblütige Weißwurz (Polygonatum multiflorum), wurde es früher bei Prellungen genutzt. Heute
wird es wegen seiner Giftigkeit nicht mehr verwendet. Wie viele andere Pflanzen auch, ist es heute in der Natur selten geworden und steht in einigen Bundesländern auf der Roten Liste. Die
Vielblütige Weißwurz hingegen ist deutlich häufiger.
Im Garten ist das Salomonssiegel ein echter Hingucker und wird gerne von Insekten besucht. Sehr zu meinem Leidwesen auch von Schnecken, die ja bekanntlich einen
Magen aus Stahl haben und anscheinend auch Giftiges problemlos verdrücken können. Seufz.