Blüte des Mariengrases: Deutlich zu erkennen sind die hellen Griffel, an denen die Pollen hängen bleiben, die vom Wind heran getragen werden.
Heute geht es mal um eine Pflanzenart aus dem Reich der Gräser: Das Duftende Mariengras (Hierochloe odorata). Es gehört zur Familie der Süßgräser
(Poaceae). Warum ein Gras? Gräser sind für uns Menschen überlebenswichtig. Sehr viele pflanzlichen Grundnahrungsmittel sind Süßgräser (Weizen, Roggen, Gerste, Reis, Mais, Hirse,
Zuckerrohr, Bambus, etc) und natürlich auch Nahring vieler unserer Nutztiere. Gräser sind nebenbei bemerkt windblütig, also nicht auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen (Pollenallergiker
können ein Lied davon singen).
Im Garten trifft man Gräser in der Regel als Rasen an, oder als Ziergras. Beides hat meist wenig ökologischen Wert. In meinen Garten habe ich das Mariengras
„eingeladen“ (freigelassen trifft es besser:-), denn es ist ein heimisches Gras, das in Deutschland inzwischen auf der Roten Liste steht (Rote Liste 2, das bedeutet „stark gefährdet“). Das ist
aber natürlich nicht der einzige Grund.Der Name deutet es schon an: „Hierochloe“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Heiliges Gras“. Auch der deutsche Name „Mariengras“ weist darauf hin,
dass an diesem Gras etwas Besonderes dran ist. Und das zeigt sich, wenn man es pflückt, denn es verströmt einen intensiven Duft nach Waldmeister. Daher der lateinische Nachname
„odorata“.
Weil es so schön duftet, wurde das Mariengras schon bei den Kelten und Germanen als Räucherwerk verwendet. Bei den Germanen war es der Freyja geweiht. Bei den
amerikanischen Ureinwohnern wird das „Sweetgrass“ genannte Gras ebenfalls zur Räucherung genutzt sowie in der Schwitzhütte. Gesehen hast du es bestimmt schon in Esoterikläden, wo es als
geflochtener Zopf zu kaufen ist. Das Mariengras ist der Venus zugeordnet. Sein angenehm süßer Duft entsteht durch den Wirkstoff Cumarin, der auch dem Waldmeister sein typisches Aroma verleiht.
Der Rauch des Grases hat eine entspannende, harmonisierende und reinigende Wirkung. Das Gras wurde früher auch dem Bettstroh von Wöchnerinnen beigefügt, da sein reinigender und entspannender Duft
die Geburt erleichtern sollte.
Das Mariengras kommt natürlicherweise in Feuchtwiesen und Mooren vor. Da diese Lebensräume stark bedroht sind, wird auch da Mariengras immer seltener. Es gibt noch
ein weiteres Gras, das ähnlich intensiv riecht, und mit dem du es nicht verwechseln solltest: Das Gewöhnliche Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) kommt auf trockenen Magerwiesen vor und
verleiht dem Heu seinen typischen Duft. Er verfliegt aber deutlich schneller als beim Mariengras.
Wenn du das Mariengras in deinem Garten haben möchtest, solltest du gleichzeitig eine „Rhizomsperre“ genannte Barriere mit in den Boden eingraben (gibts im
Gartencenter). Sie verhindert, dass die Ausläufer des Grases sich überall im Garten ausbreiten. Das Gras mag einen feuchten Boden in Sonne oder Halbschatten, ansonsten ist es anspruchslos. Die
Halme kannst du nach der Blüte ernten. Besonders im Wurzelhals, also dem Übergang von Wurzel zu Halm, sitzen die Duftstoffe. Das Gras wird daraufhin deine halbe Wohnung beduften. Halme, die du
nicht aberntest, werden im nächsten Frühjahr von den Vögeln gerne zum Nestbau genutzt. So hat das Gras für alle einen Zweck.