Heute geht es um eine meiner Lieblingspflanzen, die Erzengelwurz (Angelica archangelica). Sie ist eine imposante Erscheinung, immerhin wird sie bis zu 3
Meter groß. Allein dadurch ist sie schon gut von der Wald-Engelwurz (Angelica sylvestris) zu unterscheiden. Ihr bevorzugter Standort sind feuchte, tonige Böden in Flussauen (besonders
entlang der großen Flussläufe im Nordwestdeutschen Tiefland) oder auf feuchten bis nassen Wiesen. Eine Unterart (Angelica
archangelica subsp. litoralis) ist an den Küsten zu finden. Sie ist eine eher nordische Pflanze, deren Verbreitungsgebiet in Nord- und Mitteldeutschland, den Niederlanden
Großbritannien, weiten Teilen Nordosteuropas und Skandinaviens bis hoch nach Island und Grönland liegt. Sie gehört zu den Doldenblütlern (Apiaceae) und wird gelegentlich mit der
Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum) oder auch mit dem stark giftigen Gefleckten Schierling (Conium maculatum) verwechselt. Wie immer, wenn Doldenblütler in der Natur
gesammelt werden sollen, nur solche Pflanzen mitnehmen, die man wirklich ganz ganz sicher kennt oder noch besser einen Fachmann/eine Fachfrau um Rat fragen. Oder eben stehen lassen ;-)
Die Erzengelwurz oder auch Echte Engelwurz hat große, gefiederte Blätter, die am Grund lang gestielt sind. Besonders auffällig sind die oberen Laubblätter, die eine
große Blattscheide ausbilden, in der die jungen Blütenstände stecken. Die großen, nahezu halbkugeligen Blütenstände besitzen sehr viele kleine grünlich-gelbe Blüten, die angenehm süßlich duften.
Sie blüht von Juni bis August, allerdings nur einmal in ihrem Leben, danach stirbt sie ab.
Früher war die Erzengelwurz eine bekannte und hoch geschätzte Heilpflanze, vor allem für Magen-Darm-Beschwerden, als Hustenlöser und Fiebersenker. Sie wirkt zudem
stärkend und stimmungsaufhellend. Verwendet wird in erster Linie die Wurzel. Neben Tees werden auch verdauungsfördernde Liköre mit der Wurzel angesetzt ("Magenbitter"). Da das enthaltene
ätherische Öl eine sehr starke Wirkung hat, sollte man sich vor Anwendung der Pflanze den Rat eines Arztes, Heilpraktikers oder Apothekers holen, denn überdosiert wirkt sie giftig,
Schwangere dürfen sie nicht anwenden.
Allerdings gibt es auch einen Nachteil: Denn im Pflanzensaft sind Furocumarine enthalten, die die Haut empfindlich gegenüber UV-Licht machen und die sogenannte
Wiesendermatitis bewirken, eine entzündliche Hautreaktion, die durch bestimmte Stoffe auf der Haut plus UV-Licht (also auch bei einer dünnen Wolkendecke!) entsteht. Bekannt dafür sind vor allen
die Bärenklau-Arten, aber eben auch die Engelwurz und andere Doldenblütler, wie etwa die Pastinake. Bei Arbeiten mit solchen Pflanzen in der Sonne daher immer Handschuhe tragen und auch die Arme,
Beine und gegebenenfalls das Gesicht schützen. Und: Wer Erzengelwurzzubereitungen intus hat, sollte sich vorsichtshalber anschließend auch nicht in die Sonne
knallen. Denn die Furocumarine wirken auch von innen ;-)
Das zeigt schon, was für eine machtvolle Pflanze die Erzengelwurz ist. Man muss sie aber nicht verwenden, um ihre Kraft zu spüren. Ich genieße es immer, neben ihr in
meiner Gartenecke zu sitzen. Sie hat eine starke, lichte Präsenz und zieht alle Blicke auf sich. Daher passt auch der Namen "Erzengelwurz", den sie der Sage
nach erhalten haben soll, weil ein Erzengel (leider weiß ich nicht, welcher...) die Erzengelwurz zur Bekämpfung der Pest auf die Erde gebracht haben soll. Im nordischen Raum gilt sie als starke
Schutzpflanze. Und wenn schon von so viel Licht die Rede ist: Astrologisch gehört sie zu Jupiter und zur Sonne.
Im Garten ist die Erzengelwurz zur Blütezeit ein wahrer Bienenmagnet. Sie mag ein sonniges Plätzchen mit einem feuchten, tonigen Boden. Wähle für sie wenn möglich
einen gut sichtbaren Standort mit viel Platz und sie wird ein Schmuckstück deines Gartens sein :-)