Wilder Garten: Das Kleine Immergrün

Das auffällig violett blühende Kleine Immergrün (Vinca minor) kann man im Frühjahr in nahezu allen Gegenden beobachten. Es findet sich als Bodendecker in Wäldern und zunehmend auch in Gärten. Die Blütezeit liegt im Frühjahr und Frühsommer.

 

Ursprünglich stammt das Kleine Immergrün aus dem Mittelmeerraum. Es wurde vermutlich von den Römern nach Mitteleuropa gebracht. Wie das Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) und der Winterling (Eranthis hyemalis) gehört es zu den sogenannten Stinsenpflanzen. Das bedeutet, dass es dort, wo das Immergrün in freier Natur vorkommt, vor langer Zeit mal einen Garten gegeben haben muss und dementsprechend auch ein Haus, etwa ein Herrenhaus oder eine Burg (friesisch "stins" = Steinhaus). Das Haus ist weg, aber manche Pflanzen des einstigen Gartens haben an Ort und Stelle überlebt und sind verwildert.

 

Pflanzen wie das Immergrün werden als Archäophyten bezeichnet, weil sie vor 1492 nach Deutschland eingeführt wurden (-> Römerzeit). Pflanzen, die nach 1492 hier neu angekommen sind, werden als Neophyten bezeichnet. 1492 gilt deswegen als Trennlinie, weil nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus die weltweite Schifffahrt deutlich zugenommen hat und damit auch das weltweite Verschleppen von Pflanzen. Wichtig ist zu wissen, dass ein recht großer Teil der heute bei uns als heimisch geltenden Pflanzenarten ursprünglich von woanders her kamen und sich hier problemlos eingefügt haben. Nur ein kleiner Teil dieser Neubürger, die sogenannten "invasiven Neophyten" machen gerne mal Stress. Aber auch hier ist es eine Frage des Standortes: In Teilen Nordamerikas gilt das Kleine Immergrün ("Common or Lesser Periwinkle") ebenso wie seine große Schwester, das Große Immergrün ("Big Periwinkle", Vinca major) als invasiv mit der Empfehlung, es sofort rauszureißen, während es hier keine größeren Probleme macht.

 

Das Kleine Immergrün hat wie schon erwähnt eine auffällige Blüte. Die fünf hübschen, violetten bis weißlichen Kronblätter sind am Grund zu einer Röhre verwachsen. Nur die Zipfel sind freistehend und neigen sich nach links (vom Betrachter aus gesehen, die Blüte erinnert mich irgendwie an einen Propeller ;-). Wer bei der Blüte an den Oleander (Nerium oleander) denkt, der hat Recht: Der Oleander gehört zur selben Pflanzenfamilie, den Hundsgiftgewächsen (Apocynaceae). Nur dass bei ihm die Zipfel der Kronblätter nach rechts weisen (und die Blütenfarbe und die Blätter sind natürlich anders :-) Ebenso wie der Oleander besitzt das Immergrün einen giftigen Milchsaft, der zu Hautreizungen führen kann. Also beim Pflanzen und Schnibbeln besser Handschuhe tragen. Das Kleine Immergrün ist ein Halbstrauch, auch wenn es als Bodendecker eher erdnah wächst: Seine Wuchshöhen kommen kaum über 20 Zentimeter hinaus. Das eben schon erwähnte Große Immergrün kommt bei uns ebenfalls als Neophyt in Wäldern und Gebüschen sowie als Zierpflanze in Gärten vor und hat größere Blüten, die ebenfalls meist violett sind, größere Blätter und etwas mehr Wuchshöhe, aber vor allem behaarte Blattränder und Kelchblätter, während das Kleine Immergrün kahl ist.

 

Astrologisch gehört das Kleine Immergrün zu Saturn, erkennbar an der tief violetten Farbe, an seinen dünnen, festen Zweigen und an der Tatsache, dass es immergrün ist. Auch die Verwendung als Friedhofspflanze spricht dafür. Der Zuordnung zu Saturn werden vermutlich ebenso alle zustimmen, die versuchen, es wieder loszuwerden. Schließlich hat es als Stinsenpflanze schon so manche Burg "überlebt" - das muss man erst mal können - und dementsprechend saturnisches Durchhaltevermögen. Da kann man noch so viel rupfen und reißen - es taucht einfach immer wieder auf :-)

 

Seine Karriere als Heilpflanze hat es allerdings in den Sand gesetzt, zumindest in der Schulmedizin, denn es ist in allen Teilen giftig. Sein Wirkstoff Vincamin soll die Durchblutung des Gehirns fördern, hat aber starke Nebenwirkungen, daher wurden Fertigpräparate mit Immergrün-Wirkstoffen aus dem Verkehr gezogen. In der Homöopathie ist das Kleine Immergrün aber weiterhin in Verwendung, etwa bei Hautproblemen. Sein Verwandter, das Madagaskar-Immergrün (Catharanthus roseus, früher Vinca rosea), dessen Inhaltsstoffe bei der Bekämpfung verschiedener Krebsarten Verwendung finden, hat dagegen seinen festen Platz in der Chemotherapie.

 

Im Garten ist das Kleine Immergrün eine prima Pflanze für schattige, feuchte Ecken, kommt aber auch im Halbschatten gut zurecht. Durch seine immergrünen Blätter ist es auch im Winter eine dekorative Pflanze. Es bildet Ausläufer und erobert so langsam aber stetig den Garten. Auch im Kübel (bester Schutz gegen das Ausbüxen) macht es sich gut. Dazu ist es eine frühe Futterquelle für Schmetterlinge und Bienen. In meinem Garten wuchert es seit Jahren in der hintersten Ecke vor sich hin und überrascht mich jedes Jahr aufs Neue mit seinen schönen Blüten. Und: Es ist bisher auf seine Ecke beschränkt geblieben, ohne dass ich eingreifen musste oder die Nachbarn sich beschwert haben. Huch :-)

Das Große Immergrün (Vinca major) hat größere Blätter und Blüten und ist an den Blatträndern sowie an den Kelchblätter behaart.

Wichtig! Bitte beachten!

 

Ich bin weder Ärztin noch Heilpraktikerin noch Apothekerin. Die in einigen Artikeln beschriebenen Wirkungen von Pflanzen haben lediglich informativen Charakter und beruhen auf dem Wissen aus meiner akademischen Ausbildung als Botanikerin sowie auf eigenen Erfahrungen. Alle Angaben wurden nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben. Es wird ebenso keine Haftung für eventuelle Schäden durch die unsachgemäße Verwendung von Pflanzen und deren Zubereitungen übernommen.

 

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