Wenn du meinst, eine Butterblume im Wald gefunden zu haben, dann könnte es das Gelbe Windröschen (Anemone ranunculoides) sein. Es ist die kleine Schwester des Buschwindröschens. "Klein" deshalb, weil es nicht so stark zur Massenausbreitung neigt wie das Erstere und auch nicht
so häfig ist. Beide treten aber durchaus zusammen auf.
Während das Buschwindröschen (Anemone nemorosa) in Bezug auf seinen Standort relativ unkompliziert ist, hat das Gelbe Windröschen etwas gehobenere
Ansprüche. Es mag Böden, die basenreich oder gerrne auch kalkreich sein dürfen, maximal schwach sauer. Dazu sollen sie bitte ausreichend Feuchtigkeit und Nährstoffe bieten. Ach ja, ein Standort
im Laubwald ist ebenfalls gerne gesehen. Wiesen werden eher selten besiedelt, statt dessen sind Buchen-Mischwälder und Auwälder, zum Teil auch Schluchtwäder genehm. Daher findet man das Gelbe
Windröschen auch nicht überall. Hier oben in Schleswig-Holstein kann man es im östlichen Hügelland recht häufig antreffen, ebenso wie in Mecklenburg-Vorpommern. Weiter sind die Mittelgebirgsbereiche mit Buchenwäldern auf basenreichen bis kalkreichen Standorten seine Heimat.
Kurzer geologischer Ausflug: Die Gebiete, die während der letzten Kaltzeit (Weichsel-Kaltzeit, endete vor etwa 11.000 Jahren) von Gletschern bedeckt waren, haben
geologisch betrachtet junge Böden. In diesen Böden finden sich von den Gletschern abgelagerte Sedimente ("Geschiebemergel"), in denen noch ein erhöhter Caciumcarbonatanteil enthalten ist. Dieses Calciumcarbonat stammt von Kalkgestein aus Skandinavien ("Kreide"), über das die Gletscher drüber geschrammt sind
und dessen Bruchstücke sie bis nach Mitteleuropa geschleppt haben. Solche Böden (oftmals Parabraunerden) nennt man "basenreich", da das Calcium in der Lage ist, Säuren abzupuffern und damit ein
Absinken des pH-Werts zu verhindern. Im Lauf der Jahrtausende wird der Calciumcarbonatanteil in diesen Böden aber geringer,
so dass der pH-Wert natürlicherweise absinkt ("saurer Boden"). In Gegenden mit älteren Sandböden, die aus der vorletzten Kaltzeit stammen (Saale-Kaltzeit, endete vor etwa 130.000 Jahren), ist das
Calciumcarbonat verschwunden. Statt der basenreichen Böden hat man jetzt saure Podsole, d. h. Böden mit einem niedrigen pH-Wert. Diese findet man heutzutage zum Beispiel in der Lüneburger Heide.
Hier wachsen vorzugsweise Pflanzen, die saure Böden mögen (zum Beispiel Eichen-Kieferwälder, oft mit Heidelbeeren oder auch die klassischen Heidegebiete mit
der Besenheide (Calluna vulgaris) und dem Wacholder (Juniper communis). Auf basenreichen Böden im Osten
Schleswig-Holsteins ist dagegen zum Beispiel der sogenannte "Waldmeister-Buchenwald" mit vielen Frühblühern wie
Veilchen oder Lerchensporn oder eben dem Gelben Windröschen typisch. Im Gebirge stammt das
Calciumcarbonat im Boden nicht von den Gletschern aus Skandinavien, sondern vom oberflächlich anstehenden Gestein, in der Regel Kalkstein. Kalkstein findet sich oft in Bereichen, wo vor vielen
Millionen Jahren mal die Flachwasserbereiche von tropischen Meeren lagen, oft mit Riffen, wie in der Schwäbischen Alb oder am Ith. So kann man Pflanzen und ihre Vorkommen nebenbei auch nutzen, um
etwas über die darunter liegenden Böden und ihre Geschichte zu erfahren :-)
Woran erkennt man jetzt das Gelbe Windröschen? Wie schon erwähnt, sieht es auf den ersten Blick fast so aus wie eine Butterblume (Hahnenfuß, Ranunculus
spec.). Das zeigt auch sein "Nachname": Anemone ranunculoides = wie ein Hahnenfuß aussehendes Windröschen. Wenig verwunderlich,
dass das Gelbe Windröschen zu den Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae) gehört. Interessanterweise hat es erst beim zweiten Blick auch Ähnlichkeit mit dem weißblühenden Buschwindröschen,
obwohl es mit ihm enger verwandt ist (beide Gattung Anemone). Bei den Hahnenfußgewächsen haben wir auch mal wieder eine Ausnahme beim Blütenaufbau: Hier gibt es nicht die Trennung in
Kelch- und Kronblätter (obwohl zweikeimblättrig) sondern es gibt "nur" Blütenhüllblätter (Perigonblätter), fünf
Stück, selbstverständlich in Gelb. Typisch sind die dreiteiligen, fingerförmigen Laubblätter, die unterhalb der Blüte quirlförmig angeordnet sind. Die gesamte Pflanze ist, wie bei vielen
Schattenpflanzen üblich, eher zart.
Das Gelbe Windröschen ist in allen Teilen giftig. Ebenso wie Scharfer Hahnenfuß und Buschwindröschen oder auch das Scharbockskraut (Ficaria verna), das auch zu den Hahnenfußgewächsen gehört, enthält das Gelbe Windröschen den Inhaltsstoff
Protoanemonin, der bei Verletzung der Pflanze aus dem Stoff Ranunculin entsteht. Das Zeug schmeckt anscheinend sehr scharf, weswegen die meisten (nicht alle!) vierbeinigen Schlaumeier davon
absehen, sich das Zeug in Massen einzuverleiben. Für Menschen gilt natürlich das Gleiche: Nix essen ;-) Der frische Pflanzensaft kann zudem zu Hautreizungen führen. Das Protoanemonin wandelt sich bei Trocknung weiter in das ungiftige Anemonin um. Die Windröschenarten wurden früher bei Rheuma als Umschläge eingesetzt oder als Warzenmittel
genutzt. Das Gelbe Windröschen gehört astrologisch zur Sonne.
Im Garten macht es natürlich auch eine gute Figur. Aber Achtung: Sonderwünsche :-) Schattig, feucht und möglichst basenreich. Nährstoffreichtum dürfte heutzutage
eher kein Problem sein. Wenn es sich wohl fühlt, bietet es verschiedenen Insekten gute Nahrung. Und es macht die Ameisen glücklich: Sie finden die kleinen Ölkörper (Elaiosome) an den Samen toll
und schleppen sie daher kreuz und quer durch die Gegend bis in ihren Bau. Dort wird das Elaiosom zum Verzehr abgebaut und der Samen wird wieder rausgeschmissen. Effektive Verbreitung :-)
Gruppenbild mit Dame: Ein einzelnes Buschwindröschen hat sich in die Truppe hineingemogelt.
Ein Buschwindröschen. Der Aufbau der Blüte und der Blätter sind ähnlich, wenn man näher hinsieht.
Das Gelbe Windröschen im Wald vor einem Teppich mit Buschwindröschen.